Da bin ich wieder. Viel hat sich getan, das meiste ist geblieben. Letztendlich habe ich vor Allem nichts geschrieben, weil es zu jedem Thema ja doch jemanden gibt, der das alles schon besser, ausführlicher und vor Allem informierter geschrieben hat.
Andererseits: Ätsch.
In letzter Zeit frage ich mich, was alles meine Gründe gegen das Heiraten sind. Und es sind tatsächlich gar nicht mal so wenige. Da ich, wäre diese Überzeugung keine zutiefst persönliche Sache, auch aus den besten Gründen auf eine kulturell derart tief verwurzelte und positiv besetzte Tradition nicht verzichten würde, wird der Kern wohl egoistisch motiviert sein. Also stelle ich das der Ehrlichkeit halber doch gleich an den Anfang: Ich möchte allein deswegen schon nicht heiraten, weil mir unwohl bei dem Gedanken ist, aufgrund von wandelbaren Gefühlen, die auf ein wandelbares Objekt (weil Subjekt ;) ) gerichtet sind, langfristige Pläne zu machen. Natürlich wäre es schön, Gewissheit zwischen all der Ungewissheit bezüglich meines weiteren Lebenswegs zu haben, aber die lässt sich im Zwischenmenschlichen nunmalhalt nicht in Granit meißeln. Zwar mag die Ehe einen weiteren Anreiz geben, um eine Beziehung zu kämpfen, aber an dem Punkt, an dem einen nur noch der Aufwand einer Scheidung davon abhält, sich zu trennen, wäre man mit einer Trennung vermutlich eh schon lange besser dran.
Ich will auch und besonders nicht heiraten, weil ich zu stolz dafür bin, denn ich sehe auch heute noch einen Zusammenhang zwischen Ehe und
patriarchalen Denkstrukturen: Da wir nämlich noch immer in einer
Gesellschaft leben, die vorwiegend von Männern geprägt wird (je
mächtiger eine Position, desto wahrscheinlicher, dass ein Mann sie
einnimmt) und in denen Frauen weiterhin die Ehe als erstrebenswertes
Ziel dargestellt wird, schwingt ein Gewisser Unterton, Männer bekämen
irgendwann "ihre" Frau automatisch mit. Weil nämlich die Kernfamilie
noch immer propagiert wird und es als selbstverständlich erachtet wird,
dass die Frau die Erziehung übernimmt. Ein Mann möchte Kinder, also muss
er "seine" Frau finden, die ihm diesen Wunsch erfüllt, während er sein
Lebensmodell im Beruflichen weiter ausschmückt.
Dadurch, dass sich die Politik noch immer vorwiegend auf
die Unterstützung der Kernfamilie begrenzt, während gleichzeitig durch
das Erziehungsgeld ein Anreiz für die häusliche Kindererziehung gesetzt
wird, bekomme ich als Frau ein deutliches Signal gesendet: Wenn du eine
gut ausgebildete Frau bist, die trotz fehlender Quote einen Job findet,
dann haben wir *vielleicht* einen Platz in der Kinderkrippe für dein
(künftiges) Kind. Andernfalls halten wir dir dieses schöne warme
Plätzchen in der Gesellschaft frei, in dem du der Gesellschaft
unsichtbar und unbezahlt zuarbeiten darfst. ("Woher sollen denn sonst
die künftigen Rentenbeiträge kommen?!")
Zusammen gefasst bedeutet das für mich, dass die Emanzipation der
Frauen nicht ohne eine Emanzipation von der Kernfamilie statt finden
kann. Das betrifft nicht die Wahl des/der Einzelnen, aber eine
gesellschaftliche Veränderung muss in der Summe schon vor sich gehen.
Ich
will meinen eigenen Lebensweg gehen und ich will mich nicht durch
Mutterschaft in die Ehe oder durch Ehe in die Mutterschaft und damit in
eine Rolle drängen lassen, die mir gesellschaftlich einfach zu
unsichtbar ist.
Ich möchte nicht unsichtbar sein. Ich will teilnehmen.
Ein weiterer Punkt ist für mich die unberechtigte Adelung heterosexueller Paarbeziehung auch dann, wenn diese kinderlos sind. Es geht Homo-Ehe-Gegnern also nur um den speziellen Status, den Mann und Frau als Eltern haben? Wo bleiben dann die Shitstorms gegen gewollt und ungewollt kinderlose Paare in heterosexuellen Konstellationen, die heiraten wollen? Nein, natürlich geht es nicht nur um ein vermeindliches Kindeswohl - Kinder gibt es auch ohne Trauschein, in Haushalten ohne Vater oder Mutter, in Patchworkfamilien, mit zwei Vätern, zwei Müttern, in Kommunen, Poly-Beziehungen und überhaupt potentiell überall dort, wo Menschen ganz privat ihre eigene Familie definieren.
Was homosexuellen Paaren durch den fehlenden Zugang zur Institution "Ehe" sicherlich nicht unabsichtlich verwehrt wird, ist eben diese "Adelung" ihrer Beziehung: Die romantische Vorstellung, "den Bund fürs Leben" einzugehen, vor einer Gruppe von Menschen die eigene Beziehung zu feiern, die Beziehung offiziell zu machen und staatlich anerkennen zu lassen.
Ich bin also auch deswegen nicht zu heiraten, weil ich gar nicht will, dass meine heterosexuellen Beziehungen als selbstverständlicher, normaler und legitimer angesehen werden als homosexuelle Beziehungen (zumal ich auch gar nicht ausschließen kann oder will, eine verlässliche und geliebte Partnerin zu finden - oder eine genderqueere Person). Ich habe gar kein Interesse daran, den Ist-Zustand zu unterstützen, indem ich Privilegien unterstütze, die ich zutiefst ungerecht und diskriminierend finde.
Natürlich kann man als heterosexuelles Paar selbst heiraten und gleichzeitig die Homo-Ehe unterstützen und wäre ich überhaupt eine Freundin des Konzepts "Ehe" wäre das vermutlich genau das, was ich tun würde, aber als jemand, der sowieso gegen das "Normieren" von Beziehungen ist, sind heteronormative Strukturen im Recht einfach ein weiterer Grund auf die Adelung meiner Beziehung(en) auf offizieller Ebene zu pfeifen.
Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, Verbindlichkeiten auf unbestimmte Zeit einzugehen. Man kann Menschen, mit denen man biologisch nicht verwandt ist, so nahe sein, dass man ihnen den Familienstatus zusprechen lassen möchte, damit z.B. im Falle eines Unglücks, in der man selbst nicht mehr über die eigene medizinische Versorgung entscheiden kann, jemand stellvertretend entscheiden kann, dem man vertraut. Aber das muss nicht mit finanziellen Vorteilen einhergehen und vor allen Dingen muss man deswegen nicht zu einer Leistungsgemeinschaft zusammen gefasst werden, welche die traditionelle Arbeistteilung zumindest... naja... nahe legt.
Es gibt einen weiteren Grund, warum ich nicht einmal nur die Ehe, sondern vielmehr den klassischen Lebensweg, einen Lebenspartner zu finden und um ihn herum sein Leben zu defininieren, durchaus kritisch sehe: Weil dadurch, dass unser Anfang und unser Ende in Kernfamilien statt finden "soll" wir partikuliert werden und dadurch ganz besonders auf Konsum angewiesen und fixiert sind: Wenn sich immer nur zwei erwachsene Menschen Wohnraum mit Küche und Sanitäranlagen, Unterhaltungstechnik, Haushaltsgeräten und so weiter teilen müssen, dann muss auch einfach mehr konsumiert werden. Dafür muss mehr gearbeitet werden und es bleibt weniger Zeit für andere Projekte, beispielsweise auch, politisch aktiv zu werden. Es stabilisiert so den Status Quo, besonders, wenn Kinder ins Spiel kommen, denn eine Aufgabe, von der man nicht umsonst sagt, sie bedürfe "ein ganzes Dorf" wird dann in der Hauptsache zwei Menschen aufgelastet.
Nicht, dass ich mit meinem Singlehaushalt für viel anderes leben würde, als für den Konsum - zumindest zeitlich betrachtet. Aber mir ist in letzter Zeit klar geworden, wie sehr Beziehungen unter Erwachsenen auf relativ oberflächliche Kontakte beschränkt werden, wenn es sich nicht um Verwandtschaftsbeziehungen handelt und dass wir uns dadurch der Möglichkeit berauben, uns gegenseitig intensiver zu stützen, mehr zu teilen, Kompetenzen zu vereinigen und ein ganzes Stück autonomer von Arbeitsmarktsituationen und staatlicher Hilfe (inklusive den damit verbundenen Sanktionen) und vielleicht sogar von Krippenplätzen zu werden.
Ich weiß nicht, ob ich für das Leben in einer Kommune geeignet wäre, aber sollte diese Idee in Zeiten von wirtschaftlichen Unsicherheiten nicht viel näher liegen, als sie es tut?
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