Mittwoch, 14. November 2012

Der erste Eintrag

Ich bin ein Gutmensch. Ich muss es wohl sein, da ich denke, dass wir nicht nur im öffentlichen Leben sondern auch privat eine Verantwortung dafür haben, wie wir unsere Gesellschaft durch Sprache, Witze, Höflichkeit bzw. Unhöflichkeit, Rücksicht bzw. Rücksichtlosigkeit, Toleranz und Intoleranz mitgestalten.

Ich bin nicht für Verbote. Freiheit ist ein wertvolles Gut. Aber ich nehme mich selbst zurück, wenn ich meine, das Klima könnte für eine Minderheit kippen, sollte niemand reflektiert einlenken. Manchmal kommuniziere ich diese Nachdenklichkeit auch nach Außen. Ich fordere nichts, ich stelle mich über niemanden. Aber ich kritisiere. Konstruktiv, wie ich hoffe. Selbst damit kann man Leute provozieren, auch wenn keine Aggression vermittelt wird. Der Grund liegt vielleicht einfach darin, dass sich im Kopf des Empfängers einer moralischen Botschaft durchaus eine Forderung manifestiert, nämlich eine hypothetische, die man an sich selbst stellen müsste, sollte man die Werte des Gegenübers annehmen (oder einsehen, dass diese eigentlich bereits zu den eigenen Werten zählen). Natürlich kann ein Widerstand gegen meine Position auch einfach daher rühren, dass ich falsch liege. Eben weil ich aber Freiheit so schätze, würde ich in den allermeisten Fällen ohnehin auf absolute Freiwilligkeit setzen. Ich bin, kurz gesagt, für Höflichkeit.

Höflichkeit ist ein Wort, das etwas altbacken und spießig klingt. Es ist aber eigentlich das, was unsere Gesellschaft am laufen hält, denn ich rede hier nicht von Etikette.
Es gibt kein Verbot zu rempeln, kein Gesetz das uns davor schützt, dass im Kino laut geredet wird oder ein Bußgeld für extremen Körpergeruch. Und auch, wenn uns täglich Gegenbeispiele auffallen, nehmen die meisten Menschen durchaus aufeinander Rücksicht: Sie achten in der Fußgängerzone aufeinander, werden zum Hauptfilm ruhig und waschen sich regelmäßig.
Das ist Höflichkeit und Höflichkeit ist der Freiheit auch nicht etwa entgegen gesetzt, denn Höflichkeit verhindert durch eben diese Freiwilligkeit gerade, dass Verbote überhaupt erst notwendig werden! Sie regelt unser Miteinander auf eine reziproke Weise. Man muss sich nicht sympathisch finden, aber man achtet den Anderen als gleichwertige Person.

Damit habe ich also schon zwei unsexy Begriffe im ersten Beitrag verwendet. Ich könnte noch eins nennen: Political Correctness. Obwohl oder gerade weil ich die Verwendung der Wörter "Gutmensch" und "Political Correctness" nicht ausstehen kann, werde ich sie auf mich anwenden, damit gleich klar ist: Beleidigen kann man mich mit diesen Begriffen nicht.

Ich bin selten wirklich empört. Ich habe vielleicht mehr Verständnis für fremde Standpunkte als es einer gefestigten Persönlichkeit gut tut. Trotzdem stehe ich leidenschaftlich dafür ein, dass man sein Verhalten gegenüber diskriminierten Minderheiten reflektiert - auch, wenn es sich beispielsweise um Witze handelt.
Ich bin nicht humorlos. Das ist die Gruppendynamik von Feindbildern aber auch nicht. "Wann spiele ich einem Trend der Diskriminierung in die Hände?" ist die Frage, die ich mir manchmal stelle und die sich meines Erachtens gerne mehr Menschen stellen dürfen. Die Antennen sind natürlich trotzdem unterschiedlich kalibriert. Manchmal wird meine vielleicht etwas übersensibel sein - ein andermal aber vielleicht auch zu unempfindlich. Menschen sind nicht objektiv und ich bin ein Mensch. Und dennoch kann uns Reflektieren gesamtgesellschaftlich gut tun - so verzerrt die Reflexionen auch sein mögen. Intersubjektiv können wir auf diesem Weg vielleicht so  manchem Trend, der darauf abzielt, Menschen aus unserer Mitte auszugrenzen, widerstehen.

Das war also mein erster Beitrag. Höflich, politisch korrekt. Pfui. Und humorlos war er zugegebener Maßen auch. Aber dieser Grundsatz gehört dennoch an den Anfang: Ich bin für Toleranzmaximierung - und das bedeutet auch Intoleranz der Intoleranz und dass ich mich nicht nur als Produkt de Gesellschaft, sondern auch als Mitschöpfer der Gesellschaft verstehe.

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